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Drückjagd 2016



Es ist Samstag der 05.11.2016.

Befreundete Jäger und Reviernachbarn folgen meiner Einladung zum Abstellen unserer Reviergrenze, denn beim großen Nachbarn im angrenzenden Forstrevier ist Drückjagd angesagt. Die Kaffeemaschine im Jagdbetriebswagen schnurrt und spendet einen Kaffee nach dem andern für die um 9:00 Uhr eingelaufene Jägerschar auf dem Jagdbetriebsplatz in Kettershausen.

Nach meiner kurzen Ansprache, mit dem Versuch diese gestandenen Mannsbilder während der langen Ansitzzeit auch zum geistigen Innehalten zu motivieren, übergebe ich die Jagdleitung unserem professionell ausgebildeten Jäger Jens Classen.
Nach der Bekanntgabe der Drückjagdregeln und einer eingehenden Sicherheitseinweisung wird von Jens und unserem Reviernachbarn Martin Seelos zum „Halali“ geblasen. Dieses stimmige Duett mit dem Jagdhorn ist mehr als gelungen und verbreitet bei mir sogleich eine jagdliche Leidenschaft hier und heute mein Bestes zu geben.

Aufgesessen - die Ansteller Jens und unser Revierjäger Peter Schlump übernehmen die Jägerschar. Die Drückjagdstände sind gut markiert und geben eine weite Übersicht im Bestand, vornehmlich hin zur Grenze unseres forstamtlichen Reviernachbarn.

Ich schleiche voll beladen auf meinen Sitz 110 zu - ist das nicht auch eine Notrufnummer? Na denn! Schon sitze ich auf den Brettern und bereite mich mit mitgebrachten Decken und Wohlfühl-Equipment auf eine mehrstündige Ansitzzeit vor. Ach ja, das Laden meines R93 hätte ich beinahe übersehen und mit Ritsch/Ratsch verrate ich mich kurz nach halb zehn selbst in den kleinen Fichteneinständen um mich herum.


Kaum gesessen und die beiden Schokoriegel, die zu meiner Freude im Umschlag der mitgegebenen Drückjagdregeln und dem Anschussmeldebogen zu finden waren, zwischen meinen Zähnen zermahlt, meldet der erste Stöberhund, kommend vom Nachbarrevier, dass er „vielleicht“ einer warmen Wildfährte folgt. Gleich meinen Repetierer in Anschlag gebracht, denn das Gebell kommt auf mich zu, biegt dann aber doch in einen uneinsehbaren Fichtenanflug ab.

Lange passiert nichts, vereinzelt fallen ein paar Schüsse, aber nichts was auf Sauen im Trieb Hinweis geben könnte. Es fehlt das überhitzende Gebell der Stöberhunde, die sonst immer Anlass geben, dass unsere tapferen vierbeinigen Helfer auf Schwarzwild gestoßen sind. Oder die Gewehrsalven der Schützen, wenn eine Rotte im Anwechseln ist.

Da ist wieder ein lautstarkes Gebell unterwegs herunter zu mir vom nachbarschaftlichen Forsteinstand. Kein Wild ist zu sehen. Kurzes Warten – dann aber doch; etwa 70 Meter vor dem großen Fichtenanflug sehe ich etwas mit langen Ohren, halb verdeckt von Büschen. Ein Hase? Nein, beim genaueren Hinsehen ein schwaches Kitz, das hinter einer Buchenverjüngung mit proportional viel zu langen, stehenden Ohren herüberäugt. Angebackt und ein schneller, hoffentlich wildbret-schonender Schuss lassen das Kitz im Feuer zusammenbrechen.

Minuten später ist auch der Stöberhund, wohl eine Dachsbracke, auf Sichtweite und beschnuppert das Kitz. Ein kurzer Pfiff von mir und er lässt ab, macht sich davon, zurück in Nachbars Dickungen. Das war’s dann wohl, irgendwann quert ein Reh mein Sichtfeld, aber leider hinter der Grenze beim Nachbarn. Die Grenze ist mit Baummarkierungen hervorragend gekennzeichnet.

Es ist zwei Uhr durch; ich hatte genug Zeit zum Sinnieren und verlasse meinen (Notruf)Stand, hole das Kitz und fahre zurück zum Treffpunkt auf unseren Jagdbetriebsplatz.

Die meisten Jäger sind schon da und wie ich höre, hat leider keiner Waidmansheil zu verzeichnen. Sollte ich am Ende der einzige erfolgreiche Schütze mit einem schwachen Kitz gewesen sein?

Mittlerweile ist Serife, meine Haushaltshilfe, eingetroffen. Sie hat die vorbereitete Gulaschsuppe zum Schüsseltreiben aufkochen lassen, verteilt das wohlverdiente Feierabendbier und alle warten auf Uwe und Peter, die an unserer nördlichsten Grenze auf Ansitz waren.

Als sie eintreffen, überrascht uns Uwe. Er hat drei Rehe erlegen können und ein Reh sollte per Todsuche von meinem Deutsch Drahthaar Jagdhund Benno nachgesucht werden. Innerlich hoch erfreut (es sollte die erste Nachsuche meines Bennos werden seit seiner kürzlich bestandenen Brauchbarkeitsprüfung), treten mein Hund Benno, Jens, Peter, Uwe und ich die Fahrt zum Abtransport der erlegten Rehe an. Jens bringt die beiden bereits aufgebrochenen Rehe gleich auf den Jagdbetriebsplatz zum weiteren Versorgen.

Peter, Benno und ich folgen Uwe zum vermeintlichen Anschuss des dritten erlegten Rehs. Schnitthaar und ein winziger Tropfen Schweiß zeugen von einem Treffer. Nicht ganz sicher, ob es Lungenschweiß ist (interpretiere jedenfalls ich den Fund), holt Uwe Benno und lässt ihn mit Ruhe und seiner üblichen Gelassenheit am Anschuss Witterung aufnehmen. Da Uwe der Züchter und Mitausbilder meines Bennos ist, schauen Peter und ich gerne zu, wie die Profis die Sache angehen. Peter hastet mit einer Kamera hinter uns her, um ein paar Momente dieser Nachsuche einzufangen. Hinunter, in eine Dickung zieht dann Benno mit Uwe, und ich kann kaum folgen. Oh, mein Gott, da unten an dem Graben ist die Reviergrenze, durchfährt es mich, als Benno ein paar Meter darüber hinwegfegt. Aber er kommt zurück. Uwe setzt ihn weiter zurück erneut an. Keinen abgestreiften Schweiß habe ich bisher gefunden, aber es geht auch viel zu schnell. Als ich plötzlich die lauten Lobeshymnen von Uwe zu vernehmen gedenke, weiß ich, Benno und Uwe waren erfolgreich. Nur Minuten nach dem Ansetzen auf die Schweißspur hat Benno das erlegte Stück etwa 70 Meter vom Anschuss inmitten einer Dickung gefunden. Mit einem guten Treffer aufs Blatt - und trotzdem noch diese weite Fluchtstrecke, erstaunlich. Ich bin happy, freue mich über dieses Lehrstück eines erfahrenen Meisters.


Zurück am Jagdbetriebsplatz haben die drei Rehe bereits auf dem mit Fichtenzweigen ausgelegten Streckenplatz ihre letzte Ruhe gefunden. Zwei brennende Schwedenfackeln flankieren das jagdlich stimmungsvolle Bild, das jetzt mit dem vierten Reh nochmals erweitert wird.

Alle Jäger treten an, als Jens mit traditioneller Jägersprache die Erlegerbrüche verteilt. Einen Bruch am Hut für mich für das erlegte Kitz und natürlich einen für unseren Uwe mit drei erlegten Rehen, der als besondere Ehrung an diesem Tag zum verdienten Jagdkönig gekürt wird.

Mit dem für mein Gehör sauberen Jagdhorn-Tönen von Jens und Martin, wird nun die Strecke mit „Reh tot“ verblasen und bevor Serife mit dem Servieren der heißen Gulaschsuppe das Kommando übernimmt, verweilt die grün gewandete Jägergemeinschaft noch am Streckenplatz zum Fachsimpeln und bereitet unserem Jagdtag ein stilvolles, kameradschaftliches Zusammensein und einen würdevollen Jagdausklang.

Mein herzlicher Dank gilt dem Reviernachbarn vom Forst für die Bereitschaft jagdlicher Zusammenarbeit, mein Dank weiterhin den Reviernachbarn Martin und Hubertus, die ihre Freizeit opferten, um hier teilzunehmen. Meinen Revierjägern danke ich für die gute Organisation und natürlich Uwe für sein jagdliches Engagement und, dass er als Hundeführer mit Benno wieder mal gezeigt hat, welch supertollen Hund ich an meiner Seite haben darf.

Mit freundlichem Waidmannsheil

Neu-Ulm den 15.11.2016

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