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Grüß Gott
und Waidmanns heil !

Im Namen der gesamten Jägerschaft von Kettershausen/Bebenhausen heiße ich Sie herzlich willkommen auf unserer Webseite, deren wichtigstes Anliegen und Ziel es ist, Sie über unsere Arbeit im Revier umfassend zu informieren. Denn Natur schützen heißt Natur verstehen.

Ihr Revierpächter Karl Holzinger
und die Kettershausener/Bebenhausener Jägerschaft

 

 
 
Aktuelles
Gerne geben wir Ihnen Einblick in unsere Arbeit und Projekte und lassen Sie an unseren Visionen über gelebten Naturschutz teilhaben. Gleichgesinnte sind jederzeit herzlich willkommen.
 

 

Ufersäuberung an der Günz 2019



Ufersäuberung an den Günz Ufern und deren Altarme!

"Da ist was zu tun"! So interpretiere ich unseren Federwildbeauftragten und Tier Präperator Herbert Wilfer, als er wieder mal von einer Erkundungstour mit seinem großen Münsterländer namens Falke, zurück auf den Jagdbetriebsplatz kommt.

Eine Ufersäuberung an den Günzufern und seinen Auen ist angesagt. Herbert weiß am besten welcher Organisationsaufwand dahintersteckt. Oftmals war er Triebfeder von Federwildjagden an den Günzufern und berichtete von den vielen schon halb eingewachsenen und angeschwemmten Folienresten, Flaschen und sonst alles was da nicht hingehört.

Der Winter nähert sich seinem Ende und die Jagdzeit wird von der Schonzeit, auch bekannt als Hegezeit, abgelöst. Herbert kündigt per Whatsapp seine erste Aufräumaktion auf Samstag, den 23.03.2019 an, und zwei Revierjäger, Christoph und Dietmar, folgen spontan dem Aufruf von Herbert.

Diesmal mit Plastiksäcken bewaffnet, trifft eine Schar Revierjäger und (Natur) Freunde von Herbert gegen 13:00 Uhr auf dem Jagdbetriebsplatz in Kettershausen ein. Herbert teilt die freiwilligen Helfer in Gruppen auf und bestimmt jeweils welche Uferseite oder Ortsteil von den beiden Revierkennern Christoph und Dietmar abgesucht werden sollen. Dietmar hat zur Verstärkung noch seine ältere Tochter mitgebracht und Christoph hat, wie man ihn kennt, seinen riesigen Anhänger an sein Auto gespannt.

Los geht’s. Stunden später 16:00 Uhr ist schon durch, kommen die ersten Trupps zurück und ich staune was da alles gefunden wurde, beziehungsweise bin von der Menge überrascht. Alles wird an einer Schranke auf dem Jagdbetriebsplatz abgeladen und Herbert packt seine mitgebrachte Brotzeit Utensillien aus. Die Kaffeemaschine im Jagdbetriebswagen gibt alles um die eingelaufene Helferschar mit Kaffe zu versorgen. Der mitgebrachte Nusszopf von Dietmar verliert sogleich an Masse und schon ist der Grill in Bereitschaft, um das vorgekochte Biberfleisch von meinem letzten Biberabschuss nochmal aufzuwärmen, beziehungsweise fertig zu garen und an die hungrigen "Landschaftssäuberer" zu verteilen.

Die nächsten Tage wird noch mal der Rest der Uferauen an der Günz abgesucht und der Müllhaufen auf dem Jagdbetriebsplatz türmt sich weiter auf. Nun muss ich wohl diesen Müllberg in seine vorgeschriebenen Materialsorten trennen und abfahren lassen.

Ich bedanke mich im Namen der Gemeinde und des Naturschutzes für die geleistete Säuberung an den Günzauen bei meinen Jägern und der gesamten Helferschar und freue mich, dass unsere Jägerschaft einen Beitrag leisten konnte, unsere Natur ein Stück weit von Zivilisationsmüll zu entlasten, gerade in unserer Jagdlichen Heimat.



Bilder zur Ufersäuberung






Der Jagdbetriebsplatz in Kettershausen

Jagdbetriebsplatz in Kettershausen, im Wandel der Zeit.

Drohnen - Lufaufnahme - August 2020

Jagdbetriebsplatz in Kettershausen, im Wandel der Zeit.

Eine offizielle Baugenehmigung von Seiten der Unterallgäuer Baubehörde für die Nutzung unseres Jagdbetriebsplatzes war nicht allzu schwer zu begründen!

Es ist schlichtweg notwendig ein großes, zusammenhängendes Jagdrevier, wie es Kettershausen/Bebenhausen ist, strategisch im Sinne aller Hege- und Jagdmaßnahmen auszurichten.

Alle auf dem Jagdbetriebsplatz befindlichen Einrichtungen erfüllen Ihren Zweck - sei es der Kühlwagen-Anhänger mit Wasserspeicher, unerlässlich für eine vorgeschriebene Wildbretthygiene, das Trockensilo für Kirrungsmaterial, der Hundezwinger, der Freiluftaufenthaltsraum für Jäger und Jagdgäste sowie für die Durchführung schulischer Maßnahmen - der Jagdbetriebsplatz ist für alle diese Belange bestens gerüstet.

Eine Anlaufstelle für alle Naturfreunde, die aufgrund ihrer Lage Nähe der Waldstraße niemanden stört, ein geeigneter Platz für Lagerung, Reparatur und Neubau jagdlicher Einrichtungen - einfach praktisch und sinnvoll als Vorzeigeplatz ernst gemeinter Verantwortung eines Jagdrevier-Pachtbetriebes.


Wölfe, gefürchtete Jagdkonkurrenten


In Deutschland werden die Rückkehr und die Ausbreitung des Wolfes aktuell sehr kontrovers diskutiert. Einerseits ist der Wolf eine streng geschützte Tierart, die nach vollständiger Ausrottung langsam zurückkehrt, aber nicht bejagt werden darf, weil er unter besonders geschütztem Naturschutz steht. Andererseits gilt der Wolf als der bedeutendste Jagd Konkurrent heimischer Jäger und wird dies mit der Vergrößerung seines Ausbreitungsgebietes auch zukünftig bleiben! Zudem verändert der Wolf die Weidetierhaltung, denn er findet immer einen Weg Zäune zu überwinden und sein Unwesen bei Weidetieren zu hinterlassen.

In Russland ist das anders. In riesigen, staatlichen Jagdgebieten, wie um das Dorf Kopki, wird ein unerbittlicher Kampf gegen die z.T. sehr großen, marodierenden Wolfsrudel geführt, da diese zunehmend und vor allem zur Winterzeit aus dem, Kopki von zwei Seiten flankierenden, großen Naturschutzgebiet einfallen und dabei großen Schaden in der Wildtierpopulation anrichten.

Die Hege im etwa 80 000 Hektar großen Jagdrevier, rund um Kopki, kostet viel Geld. Die Jäger versuchen - oft vergeblich - die Schalenwildbestände aufzupäppeln, damit die vornehmlich russischen Jagdgäste etwas Geld in die industriell vernachlässigte Gegend bringen.

Der Winter bietet mit den, für uns unvorstellbaren, Tiefschneeverhältnissen eine gute Chance zur Wolfsjagd. Gerade dann, wenn der Schnee mehr als einen Meter hoch die riesige Taiga bedeckt haben Wölfe leichtes Spiel. Denn die Wölfe versinken bei Temperaturen bis unter minus 30°C nicht im Tiefschnee, sondern tauchen gerade ein paar Zentimeter in die gefrorene Schneedecke ein. Ihre Spuren sind so unübersehbar und auf russischen Skiern oder per Schneemobil leicht zu verfolgen.

Jetzt, im Winter, leiden Wölfe keinen Hunger. Denn es ist die Zeit, in der auch kleine Rudel, oftmals bestehend aus nur zwei oder drei Elterntieren tief im Schnee eingesunkene Elche oder Wildschweine ohne Verfolgungsjagd reißen können.

Für die großen Pachten ist der Jagderfolg der Wölfe ein Graus. Die vielen frischen Risse und Tierkadaver im Schnee zeugen von den großen Verlusten in der ohnehin schwachen Tierpopulation. Viele Menschen in den abgelegenen, ländlichen Gebieten Russlands leben von der Jagd. Es gibt hier kaum Industrie und nur selten Handwerksbetriebe. Wie viele Russische Dörfer, hat auch Kopki, nach der Auflösung der Sowjetunion den wirtschaftlichen Anschluss verpasst. Nur das Notwendigste wird selbst hergestellt. Also vertreibt man sich die Zeit mit dem Kleinhacken von Brennholz zum Beheizen der obligatorischen Saunen und dem Schneeräumen der Wege, damit man den einzigen Laden des Dorfes wenigstens ab und an ungehindert erreichen kann. So ist es hier in Kopki, einem kleinen Dorf inmitten Udmurtiens. Zum x-ten Mal bin ich schon hier, um mich auch in diesem Jahr wieder an der Wolfsjagd zu beteiligen.

Seit Jahren pflege ich regen Kontakt zum staatlich angestellten Jagdverwalter und Hundezüchter Wladimir Raiabov. Vor zwei Wochen rief er an, drei Wölfe verfolgten er und seine Mannen gerade. Immer wieder würden sie den eilig aufgespannten Lappleinen entwischen und sie würden es einfach nicht schaffen das kleine Rudel einzukreisen. 'Wir sind dran' behauptet Wladimir, ich solle schnell kommen. Offensichtlich interessiert sich sonst niemand für die Jagd auf Wölfe. Kaum kommen Deutsche Jäger, außer mir in diese Gegend. Russische Jäger wollen lieber Bären jagen. Die schlafen aber gerade in ihren Höhlen und außerdem ist mittlerweile Gott sei Dank die winterliche Höhlenjagd auf Bären in Russland verboten.

Da es mich ohnehin im Winter in die Kälte zieht, buche ich meine Flüge und ordne meine winterliche, wohl erprobte Jagdausrüstung.

Wie immer begleitet mich Sergey. Am Montag, den 9. Februar starten wir von München nach Moskau und nach etlichen Stunden Flug landen wir in der Udmurtischen Hauptstadt Ischewsk, in Kommunistischen Zeiten einstmals Sperrgebiet, denn hier war und ist eine Waffenhochburg Russlands. Die berühmte Kalaschnikow wird, draußen vor der Stadt in den etwas herunter gekommenen aber riesigen Fabrikhallen, immer noch in großen Mengen produziert.

Wladimir holt uns persönlich am Flughafen ab. Ich erkenne ihn ganz ohne Camouflage Klamotten kaum wieder und bin etwas erstaunt über seine schicke Robbenfellmütze, die wohl aus vergangenen Jagdzeiten stammt.

Auch Michael, unser Kunde, ist am Flughafen und zu viert fahren wir nun die etwa 200 Kilometer nach Kopki ins Revier von Wladimir. Ich wundere mich. Ein nigelnagelneuer Hilux steht da am Flughafenparkplatz. Ich bin neugierig und erfahre auf Nachfrage, dass er einem reichen russischen Oligarchen, der zukünftig bevorzugt in Wladimirs Revier seiner Jagdleidenschaft nachgehen wird, gehört. Ein wohl übliches Arrangement in einer Zeit, in der die Kredite russischer Normalbürger immer schwerer, wegen der steigenden Zinslast zu finanzieren sind.

Etwa minus 15°C zeigt das Autothermometer. Das ist auszuhalten, denke ich, habe ich hier doch schon ganz andere Temperaturen erlebt.

Die Begrüßung im russischen Jagdhaus fällt etwas spärlich aus. Nur Natascha, die Freundin von Wladimir, ist da, sonst niemand. Dafür ist der Tisch schon reichlich gedeckt und vier hungrige Reisende fallen über das Büfett her. Mit den Wodka-Begrüßungsrunden geht’s auch direkt los. Na denn, ich bin angekommen, wieder mal in meinem Lieblingsrevier, hier in der unendlichen Weite der Russischen Taiga!

Eine brütende Hitze empfängt mich, als ich mein Zimmerchen, das genau über dem Heizraum liegt, mit all meinen Jagdutensilien in Beschlag nehme. Ein Fenster öffnen, kommt es mir, aber alle sind zugenagelt und gegen die Kälte versiegelt. Nachdem ich an einem der oberen Fensterchen mit meinem Jagdmesserchen die komplette Rahmenversiegelung entfernt habe, wird es endlich erträglicher. Der Alkohol und die 22-stündige Reise tun ihr Übriges und ich versinke in einen tiefen Schlaf.

 
 
 
 
 
 


Erster Jagdtag!

Als ich am nächsten Morgen aufwache und zum Rasieren und Waschen in den kleinen Badspiegel schaue, erblicke ich - außer den üblichen vielen Falten - überall kleine Stiche, so drei, vier direkt nebeneinander, auch im gesamten Oberkörperbereich. Mein Gott, was ist das? Wanzen, Flöhe oder Läuse! Na, das kann ja heiter werden.

Aber erst mal geht es raus zum Jagen! Eingepackt in mehrere Klamottenschichten treten Sergey und ich vor die Jagdhaustür. Wir halten Ausschau nach den Jägern und ihren Schneemobilen. Normal holen sie uns immer direkt vor der Haustüre ab, diesmal nicht? In ein paar hundert Metern Entfernung entdecken wir den russischen Uaz Bus und dahinter stehen in Reihe zwei Schneemobile.

 
 
 
 
 
 


Wir laufen hin, der Motor läuft und im Bus erkennen wir die Umrisse der gesamten Jägerschaft. Als wir ankommen steigt niemand aus, komisch. Werden wir nicht wie üblich freundlich begrüßt? Da fällt mir auf, dass auch die Begegnung mit Wladimir gestern am Flughafen nicht unbedingt herzlich war. Was war hier los?

Als sich nach einigem Zögern endlich die Türen des Busses öffnen, reichen wir uns etwas reserviert die Hände und Wladimirs Sohn, Atrium, erklärt, dass wir weit raus fahren müssen. Es sei den Jägern gelungen in etwa 20 Kilometer Entfernung das kleine Wolfsrudel aus drei Tieren anhand von Spuren im Schnee mit Hilfe der Lapp Methode, quasi einzuzäunen. Und los geht’s, aufgesessen. Die beiden Schneemobile sind hinten angebunden und folgen uns. Wieder mal geht’s durchs Dorf, das wie üblich um diese Zeit zugeschneit ist. Es liegt etwa 1,50 Meter Schnee und riesige Schneehaufen säumen die Wege.

 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 


Weit draußen sieht es aus wie in einer Märchenwelt. Die Spannung in mir steigt. Irgendwo halten wir an und verstecken den Uaz Bus hinter Schneewällen am Straßenrand. Mit den Schneemobilen geht es hinein in die zugeschneite Taiga. Die Jäger auf Skiern werden an einem Seil, mit eingeflochtenen Haltegriffen aus Stecken der umliegenden Weichholz Vegetation, kurzerhand einfach hinterher gezogen.

 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 


Nach einer halben Stunde Fahrzeit kommt die aufgespannte Lappleine mit den vielen roten Wimpeln in Sicht. Wir fahren noch ein paar hundert Meter weiter in den Wald und errichten erst mal ein Lager. Sofort machen sich Atrium und Sergey daran eine Feuerstelle aufzubauen. Ich stecke die Eingepackte doppelläufige Ich 27 Baikal Schrotflinte zusammen und erhalte von Wladimir eine Handvoll 12/70 Schrot Postenmunition, mit den aufgedruckten Wolfsköpfen auf den Plastikhülsen. Drei Jäger schwärmen auf ihren russischen Skiern aus und die erste Drückjagd auf die wohl noch ahnungslosen Wölfe kann beginnen!

 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 


Etwa zwei Quadratkilometer ist das, in einer künstlichen Spitze mündende, eingelappte Drückjagdgebiet groß. Es wird sicher eine ganze Weile dauern, bis es von den drei Jägern durchkämmt und eine frische Grauhundfährte gesichtet ist. Dann aber werden die Jäger lauthals der Spur folgen und die Verfolgten, am anderen Ende der Einzäunung, auf uns zu treiben. Zumindest ist es der Versuch, der auch schief gehen kann.

Alle sind mit modernen Funkgeräten ausgerüstet. Nach etwa 45 Minuten am wohltuenden Feuer fahre ich gemeinsam mit Wladimir auf dem Schneemobil zur Verjüngung an der Lappleine. Angekommen, versperren uns die zugeschneiten Äste und die großen Schneeverwehungen weitestgehend die Sicht, aber es geht nicht anders. Ich platziere mich so, dass ich auf zwei Seiten eine einigermaßen gute Geländeübersicht habe. Dann muss ich zunächst die einen Meter hohe Schneedecke auf etwa 20 Zentimeter hinunter treten um einen festen Stand und gleichzeitig Bewegungsfreiheit zu bekommen. Um aber noch besser beobachten zu können, sollte ich eigentlich eindeutig höher stehen. Ich bin aufs äußerste angespannt und konzentriert!

 
 
 
 
 
 


Ich schiebe zwei Schrotposten in die Läufe und nun heißt es ausharren und warten.

Da piepst es am Funkgerät. Ein Jäger ist unweit von uns auf die frische Wolfsspur gestoßen. Dann geht’s blitzschnell.

Links von mir im Wald bewegt sich etwas auf die Lappleine zu, ein Wolf! Als er das Flackern der Wimpel sieht, dreht er und schnürt die Lappleine entlang in meine Richtung! Er hat mich noch nicht wahrgenommen. Etwa 50 Meter ist er entfernt, als ich ihn ins Visier nehme, ein riesiger Wolfsschädel. Der erste Schuss verlässt den oberen Lauf der Flinte. Der Wolf duckt sich nur und Sekunden später schlägt das Schloss den zweiten Schuss ab. Der Wolf steigt auf, krümmt sich sofort und schleppt sich etwa zehn Meter in den Wald zurück und bleibt liegen.

Gespannt schauen Wladimir und ich in die Richtung des liegenden Wolfs, der im hohen Schnee und hinter der Buschvegetation kaum auszumachen ist. Nach einigen Minuten hebt er plötzlich sein Haupt und mir gefriert beinahe den Atem. Der sterbende Wolf leidet!

Verdammt was ist passiert? Das ich versucht habe den Wolf von vorne nicht frontal ins Gesicht zu schießen, sondern unterhalb auf die Vorderläufe gezielt habe, wird mir nun sträflich bewusst.

Noch zwei Posten lasse ich auf die graue Decke des Wolfes herniedergehen, bis keine Bewegung mehr zu erkennen ist. Ich robbe mich an ihn heran und beim Herausziehen aus seiner Deckung spüre ich, dass beide Vorderläufe schwer getroffen sind. Wahrlich kein schönes Gefühl für einen Jäger!

Als die Treiberwehr anrückt gratulieren natürlich alle, aber ich spüre auch die verhaltenen Blicke. Sie hatten wohl ein besseres Schießergebnis erwartet. Ich halte mich bedeckt!

Dann packe ich den Wolfsrüden mit dem großen Schädel hinten auf die Gepäckablage des Schneemobils. Es geht zurück zur Feuerstelle.

Hier wird der Anhänger eines Schneemobils umgedreht, kurzerhand zum Outback Tisch umfunktioniert und allerlei Ess- und Trinkbares aufgefahren. Extra für mich gibt es Armenischen Cognac statt Wodka. Wahrscheinlich hatte Sergey ihnen gesteckt, dass ich den Wodkageschmack eigentlich wie zerlaufenen Pattex-Kleber empfinde. Und so muss ich nach Russischem Waidmannsheil Brauch mindestens dreimal einen Edelstahlbecher voll Cognac mittrinken, was dann schon zu verkraften ist.

 
 
 
 
 
 


Jedenfalls spüre ich beim zweiten Versuch, noch einen Wolf aus dem eingelappten Gebiet heraus zu drücken, die Folgen des Cognacs in Form von Konzentrationsschwäche oder sind es Kopfschmerzen? So genau kann ich das nicht mehr einnorden!

Gott sei Dank kommt kein Wolf mehr in Schussnähe. Die verstecken sich jetzt im Schutz der großen Fichten, deren lange, schwere, schneebedeckte Äste sich bis auf den Boden biegen und so Hohlräume bilden, die groß genug sind, um einen Wolf zu verbergen!

Für heute geht’s wieder heim. Diesmal werden die beiden Schneemobile im Wald versteckt. Die Waffen, die Ausrüstung und natürlich auch der erlegte Wolf werden im Uaz Bus verladen und bevor die Nacht hereinbricht sitzen wir bei leckerer Hühnerfleischsuppe, selbstgemachten Tortellinos mit einem Hack aus Keiler- und Elchfleisch gefüllt, runden das üppige Mahl ab.

 
 
 
 
 
 


Zweiter Jagdtag!

Als des Morgens der Tag sehr grau und düster erwacht, liege ich müde und abgeschlagen auf dem Bett. Ich habe kein Auge zugemacht. Die Bettmitbewohner haben mich die ganze Nacht verfolgt. Kratzend, schlagend und furchtbar aufgeregt harre ich dem Tag entgegen. Schimpfend sitze ich beim Frühstück und Sergey muss der verdutzten Natascha beibringen, dass ich bis heute Abend einen kompletten Bettzeug Relaunch erwarte.

Aber nach fünf Spiegeleiern zum Frühstück geht’s wieder. Auf der Busfahrt zu den Schneemobilen im Wald hört Sergey heraus, dass die Jäger gerne sehen möchten, wie sicher ich mit ihrer Flinte umgehen kann. Naja, wundern tut’s mich nicht. Am Biwak Platz suchen wir gemeinsam ein etwa 50 Meter entferntes Ziel, weit oben in einer großen Astgabel, eine Schneefläche so groß wie ein Blatt Papier. Ich lade eine Brenneke und 'Peng', der erste Schuss geht mitten durch das anvisierte Ziel. Das müsste reichen, aber da kramt Wladimir noch etliche 12/70 Schrotmunition für die Vogeljagd aus seinen Hosentaschen.

Zwei hintereinander abgefeuerte Schüsse landen auch mitten im Ziel, dass es nur so staubt von herab rieselndem Schneegestöber. Dann nehme ich etwas übermütig ein weiteres Ziel ins Visier: noch weiter weg und noch weiter oben - auch diesmal zwei Volltreffer. Ein Blick in die Runde sagt mir, dass alle Zweifel weggefegt sind.

Als ich dann lange und müde an meinem Beobachtungsplatz stehe und die Treiber von weit weg zu hören sind, reißt mich eine Bewegung im Wald aus meinen Gedanken. Da, da kommt schon wieder ein Wolf in Richtung Lappleine. Aber vorsichtiger als der Gestrige. Geduckt bleibt er erst etwa 60 Meter vor der Lappleine stehen, geht dann wieder ein paar Schritte weiter und verharrt mit Blick auf die Lappleine zwischen zwei Fichtenstämmen etwa 50 Meter entfernt, als mein Schuss bricht. Der Wolf zeichnet und fällt sofort um. Da freut sich mein Meister der russischen Jagd und auch die Treiberwehr ist von diesem Abschuss begeistert. Wieder geht es mit dem erlegten Wolf an die Alkoholtankstelle im Wald und es wird angestoßen was das Zeug hält. Zwischendrin gibt’s Speck, kalte Hühnerfleischschenkel und immer wieder Armenischen Cognac. Als die Falsche leer ist wird gleich eine neue aufgetischt.

 
 
 
 
 
 


Heute ist auch Michael, mein Kunde, mit von der Partie und es gibt Fotoshootings mit der erlegten Wolfsfähe eines nach dem anderen. Da Michael nicht unbedingt Taiga erfahren ist, sage ich zu Sergey, er soll ihm eine Axt geben, damit er einen halbwegs dürren Baum fürs Feuer fällen kann. Somit gewinnt er Biwak Erfahrung und ist gut beschäftigt, aber er spielt lieber mit den mitgebrachten, hochprozentigen Glasflaschen, den vollen natürlich!!

 
 
 
 
 
 


Als wir nach einem weiteren Versuch den dritten Wolf aus dem Wald heraus zu bekommen scheitern, geht’s nach Hause. Heute Abend möchte ich gerne auf Keilerjagd gehen, habe ich schon morgens kundgetan, um die lange Nacht mit meinen Bettbenutzern etwas abzukürzen.

Das Wetter ist zwar nicht geeignet, denn es windet sehr stark und beim Heimfahren beginnt es zu schneien, doch Wladimir wittert sofort ein Geschäft. Er ordnet an, dass mich der russische Jäger Sergej an eine Kirrungssitzleiter, etwa zwanzig Kilometer entfernt bringen soll. Da hat er kürzlich große Keiler Trittsiegel im Schnee gefährtet!

Noch ehe es dämmert, steht Sergej mit einem Schneemobil vor der Jagdhütte. Schnell ist eine Decke organisiert und Wladimir leiht mir eine Kugellaufwaffe, einen Repetierer mit aufgesetztem Nachtzielgerät und los geht’s. Der deutsche Sergey will auch mit und setzt sich hinten auf den Anhänger. Na das kennen wir. Die nach hinten raus geblasenen Abgase und das aufgewirbelte Schneegestöber vom Antrieb des Motorschlittens sind nicht angenehm!

Etwa eine Stunde und kaum einer Möglichkeit zum Festhalten rast Sergej mit dem Schneemobil den festgefahrenen Weg entlang, bevor der Kirrungsacker in Sichtweite kommt.

Ich schwinge mich ich auf die Ansitzleiter, die an eine Erle und eine Birke genagelt ist. Die beiden Sergeys leeren in etwa 80 Meter Entfernung noch schnell zwei mitgebrachte Getreidesäcke mitten auf den brach liegenden Acker und warten dann irgendwo an einem Feuer auf mein Abholkommando!

 
 
 
 
 
 


Nun sitze ich da eingemummt in meine winterfesten Jagdklamotten. Das eine Ende der Decke habe ich mir um die Beine gewickelt und mit dem anderen Ende den Repetierer auf meinem Schoß eingehüllt, damit die Visierung nicht nass oder feucht wird. Ich harre der Dinge, die nun passieren sollten.

Nach einer Stunde kriecht die Kälte langsam unter die Decke und der scharfe Wind treibt mir den Schnee frontal ins Gesicht. Ich kann den Getreidehaufen kaum im Auge behalten und muss mich in eine sehr unkomfortable Sitzhaltung drehen, das kleine aufgenagelte Sitzbrett ist alles andere als bequem. Plötzlich bemerke ich hinter mir im Wald, in Richtung des böigen Windes, Geräusche, die auf Sauenbewegungen schließen lassen. Ein Gewusel an Sauenkörper schiebt sich von rechts durch den Wald genau auf mich zu. Mir stockt der Atem, als eine riesige Bache etwa 10 Meter vor mir auftaucht und den Wurf hebt um die Luft zu prüfen. Etwa eine Minute steht sie da und wir starren uns gegenseitig an. Sie hat natürlich Wind von mir bekommen, dreht um und eine ganze Rotte Frischlinge und Überläufer folgt ihr sogleich. Das war’s also, von wegen großer Keiler! Zu meinem Erstaunen sind etwa eine halbe Stunde später sechs Frischlinge draußen am Getreidehaufen und widersetzen sich wohl den Warnlauten ihrer Mutter.

Trotz des stürmischen Windes und der Kälte ein toller Anblick, der mich die Strapazen schnell vergessen lässt. Etwa um 20 Uhr abends ist dann die Bühne leer und um 21:30 Uhr melde ich den beiden Sergeys über Funk 'finish', sodass Sie mich abholen kommen!

Der russische Sergej rast mit seinem Schneemobil zurück. Als ich etwas verärgert vom Dauerdurchschütteln vor der Jagdhütte absteige, krümmt sich Sergey, der hinten auf dem Anhänger saß, vor Magenschmerzen und ist ganz weiß im Gesicht. Offensichtlich hat er zu viele Abgase eingefangen. Na, das ist nicht unbedingt ein positiver Ausgang des eigentlich doch so erfolgreichen Jagdtages. Alle verziehen sich in ihre Gemächer, auch ich - zu meinen lästigen Mitbewohnern!

Dritter Jagdtag!

Das Bett ist mit frischer Leinenbettwäsche bezogen und ich habe tief und fest geschlafen. Eine gute Portion frischer Blinis aus der Pfanne auf die Hand, zum Frühstück versüßen mir den neuen Tag. Raus geht’s wieder zu unserem letzten, hoffentlich noch hinter der Lappleine befindlichen, Isegrim!

Heute ist es wärmer, der Schnee ist pappig und die Treiberwehr kommt im Wald kaum voran. Der Schnee klebt an den Skiern! Dreimal, bis spät in den Nachmittag, versuchen wir unser Glück, aber kein Wolf kommt in Sicht. Austrittspuren, aus dem ein gelappten Gebiet sind auch nicht zu finden, also fahren wir am geschlagenen Nachmittag zurück nach Kopki. Dort erleben wir live, wie ein Container mit einem gefangenen, lebenden Bären, von einem großen LKW abgeladen wird.

Dieser Bär ist ein Geschenk und sollte eingeschläfert werden. Doch Wladimir hat sich ihm angenommen und nun verbringt der Bär hier auf dem Jagdhof, in seinem Container-Käfig seine nächsten und wahrscheinlich auch letzten Jahre. Oftmals kommen Schulklassen aus der Stadt hierher und dann dient dieses große Tier als Anschauungsobjekt. Naja, dem europäischen Standard zur Unterbringung genügt dieser Container nicht, aber ich bin nicht hier, um mit erhobenem Zeigefinger Missstände anzuprangern.

 
 
 
 
 
 


Zumal ich heute von Sergey gehört habe, welch dramatische Auswirkung die Europäischen Wirtschaftssanktionen auf die Lebensbedingungen der normalverdienenden russischen Bevölkerung haben. Sergey berichtet mir vom Sohn der Revierinhabers Artium. Er hat vor ein paar Jahren, in der wirtschaftlich expansiven Zeit Russlands ein Haus gebaut und mit einem erträglichen Zinssatz finanzieren können. Jetzt wurde zur Bekämpfung der steigenden Inflation, (ausgelöst durch die Sanktionen der Europäischen Union und der USA wegen der russischen Annexion der Halbinsel Krim) der russische Leitzins bis jetzt 17 Prozent angehoben. Nun kann Artium für den staatlichen Kredit seines Hauses kaum mehr die daraus resultierenden Zinsen bezahlen.

Die russische Bevölkerung versteht weder die Europäischen Sanktionen, noch warum sich Europa in russische Angelegenheiten einmischt. Die Annexion der Krim sehen sie hier als notwendiges Mittel um das russische Territorium zu schützen und zurückzuholen. Die Krim ist jahrhundertelang Teil des russischen Imperiums gewesen.

Und das alles verbinden die russischen Jäger hier offensichtlich mit mir, dem Deutschen. Ja und das alles gibt der ablehnenden Haltung gegenüber Sergey und mir ein Gesicht. Was ich auch verstehen kann.

Dazu kommt, dass sich wegen des stürzenden Rubelkurses gegenüber den westlichen Währungen kaum jemand mehr Europäische Produkte leisten kann, ein Teufelskreislauf! Auch für mein Business!

Vierter und letzter Jagdtag!

Wieder geht es raus, morgens bei herrlichem Sonnenschein und passablen Temperaturen etwa minus 10 Grad. Gute Laune ist angesagt. Ich probiere beim Warten auf die Treiberwehr erstmal den russischen Ski und komme dabei mächtig ins Schwitzen. Da schmunzeln die trainierten Profis und ich erkenne wiedermal, das doch nicht alles so leicht ist, wie es aussieht.

 
 
 
 
 
 


Als ich dann mit geladener Flinte an meinem niedergetretenen Stammplatz, Wladimir auf dem Schneemobil ein paar Meter hinter mir, an der Lappleine stehe, bin ich in Gedanken schon zu Hause. Dass ich heute noch einen Wolf zu Gesicht bekomme, glaube ich schon nicht mehr! Die Gedanken schweifen dahin.

Plötzlich deutet Wladimir mit erschrockenen Gesten nach rechts. Völlig überraschend nähert sich auf der anderen Seite unseres Beobachtungsplateaus ein Wolf. Er strebt, über 70 Meter entfernt, der Lappleine zu. Ich überlege, ob ich da überhaupt einen sicheren Schuss anbringen kann/soll.

Na, aber zugucken, wie er die Lappleine überspringt will ich auch nicht. Als der Wolf breitseitig kurz an der Lappleine verhofft, fahre ich kurzerhand mit dem Lauf drauf. Als die Visierlinie über den Lauf und über das Korn auf den Wolfskörper trifft, drücke ich ab.

Der Wolf macht einen gewaltigen Satz nach vorne über die Lappleine und ich sehe ihn nicht mehr. Ich denke schon, viel zu weit weg, den hast gefehlt. Nach etwa 5 Minuten gehe ich, vielmehr breche ich durch den hohen Schnee in Richtung Anschuss. Als ich auf zwanzig Meter herankomme traue ich meinen Augen nicht. Etwa 10 Meter hinter der Lappleine liegt mein Wolf, offensichtlich tot, im Wald. Ich drehe mich um und deute Wladimir mit der rechten Hand eine flache Linie vor meinen Hals zeichnend, dass der letzte Wolf in diesem eingelappten Wäldchen seines großen Jagdgebiets tot ist.

 
 
 
 
 
 


Ein Glückstreffer, alle freuen sich und können es kaum glauben, auf diese Entfernung. Affektschüsse liegen mir, ich habe das in den Jahren bei der Bundeswehr oftmals trainiert. Das zeichnet sich aus. Aber genug des Lobes, übermütig will ich nun heute Abend noch mal nach dem großen Keiler schauen. Als alles abgeräumt und leer getrunken ist geht’s nach Hause. Noch vor Dämmerung will ich wieder auf meiner Sitzleiter auf den großen Keiler warten.

Diesmal bleibt Sergey zu Hause. Ich sitze, wie vor zwei Nächten, bei minus 15 Grad auf meinem Ansitz und warte! Entlang meiner Leiter habe ich die Spur und Trittsiegel des großen Keilers gesehen und voller Spannung erwarte ich sein Kommen.

Als es zu dämmern anfängt schmerzt jede bereits ausprobierte Körpersitzhaltung auf dem kleinen Brettchen. Ich verharre, steif vor Kälte und sinniere über dies und das, wie so oft bei stundenlangen Ansitzen auf Schwarzwild. Leichter Wind zieht hinter mir in den Wald hinein. Bleibt zu hoffen, dass der Keiler nicht auf den gesehenen Spuren an wechselt!

Das Knacken und Brechen eines Holzstücks lässt mich aus meinen Gedanken und der zusammengekrümmten Haltung blitzschnell wach werden. Hinter mir war das, genau wo der Wind hinzieht. 'Sche...!' entfährt es mir. Ich bleibe stocksteif sitzen, damit mich keine meiner Bewegungen verrät. Ein großes Stück wechselt an und gefühlte 10 Minuten höre ich hinter mir schnaubendes und blasendes Sauengeschmatze. Ich hoffe, dass er aus dem Wald herauskommt um, wie gestern den Spuren nach zu urteilen, an dem Getreidehaufen vor mir zu fressen!

Aber er hat wohl Wind von mir bekommen, denn der schwere Geruch von Rauch haftet an allen meinen Winterklamotten.

Das wurde mir hier sicher zum Verhängnis, das hätte wahrscheinlich auch ich riechen können. Aus der Traum vom großen Keiler. Um eine Erfahrung reicher geht’s um 21:30 Uhr mit dem Kommando 'finish' wieder zurück zum Jagdhof. Hier wollen alle genau wissen, was los war und warum auf dem Anhänger des Motorschlittens nicht der große Keiler liegt.

Na dann, hab ich schon was zu tun und der letzte Abend verliert sich in Geschichten erzählen mit meinem Kunden Michael und so weiter und so fort...


Mit freundlichem Waidmannsheil,
im Februar des Jahres 2015
von Karl Holzinger


Expedition zum Karakol-See im Altaigebirge Sibiriens


Schon Tage vor der Abreise zum Bergwandern ins russische Altaigebirge treffen sich die Teilnehmer Sergey, Holger und ich zum Equipment-Test bei mir im Revier. Eine Nacht draußen schlafen und eine sibirische Feuerstelle anlegen ist angesagt. Auch der wichtige Zeltaufbau-Test steht auf dem Plan.

 
 
 
 
 
 


Nachdem es Sergey und Holger nach mehreren Anläufen geschafft haben eine Feuerstelle aufzubauen, die gleichzeitig ein fast stufenloses Verstellen eines Wasserkessels auf dem Feuer möglich macht, trinken wir zufrieden und in Vorfreude auf unser gemeinsames Abenteuer, die Reise nach Russland, unser Feierabendbier und essen unsere mitgebrachte Tütennahrung. Extra eingekauft um einem realistischen Ablauf in Russlands Taiga nahe zu kommen!!!!!

Dann wird’s Ernst. Einen Tag vor unserer Abreise packe ich meinen 80 Liter 'Out door' Rucksack und schreibe meinen Kameraden eine SMS mit dem Inhalt:

"Jungs, 18 Kilo wiegt mein Rucksack ohne Wasser und Krimskrams bereits, das kann ja heiter werden. Mein Adrenalin Pool ist bereits gestiegen"

Und so checken wir am Montag, den 14. Juli auf unsere große Reise ein. Die Abfahrt mit meinem ML zum Flughafen nach Stuttgart ist der Beginn einer Odyssee, die etwa 40 Stunden dauern wird.

Über Moskau (nach einer längeren Wartezeit) geht’s mit einer Aeroflot Boing nach Barnaul (Sibirien) und dann mit einem Taxi Bus, etwa 9 Stunden weiter, ins 600 Kilometer entfernte Artybash.

 
 
 
 
 
 


Unterwegs machen wir Rast in der Altaischen Hauptstadt "Gorno Altaisk", kaufen Lebensmittelvorräte, die Sergey als erfahrener Taigakenner aussucht, ein Beil und das Wichtigste: einen emaillierten Kochkessel mit mindestens 5 Liter Volumen, der uns in der Taiga noch wertvolle Dienste leisten wird.

Das Dorf Artybash, am Abfluss des großen Teleckoe-Sees gelegen, hat sich zu meinem Erstaunen aus dem noch vor Jahren verschlafenen Nest zu einem touristisch angehauchten Touristikzentrum entwickelt. Idyllisch gelegen, aber dem Zeitgeist folgend, ragen mittlerweile auch hier rundherum riesige Antennen-Funkmasten in den Himmel!

Eine Nacht wollen wir hier bleiben, in dem kleinen Touri Hotel am Abfluss des großen Teleckoe-Sees und Morgen geht’s dann mit einem gecharterten Boot 50 Kilometer am See entlang hinauf zum letzten Etappen-Ziel, zum Naturreservat des Rangers Sergej Usig.

Unsere Sanomed-Mitarbeiterin Irina hat im Vorfeld in mühevoller Kleinarbeit seine satellitengestützte Handynummer herausgefunden. Er erinnerte sich an unsere letzte gemeinsame Tour vom Jahr 2007 und erklärte sich bereit unsere damalige freundschaftliche Begegnung mit einer weiteren Expedition hinauf in sein Schutzgebiet, zu einem hochgelegenen See mit dem Namen 'Karakol-See' zu führen.

Von den Strapazen der Reise gezeichnet, schlafen wir im Touri-Hotel, das letzte Mal in Betten unserer doch so annehmlichen Zivilisation. Die große 'Mentale Anspannung' der Reise schwindet langsam in den Tiefen des Schlafes aus dem Gedächnis...

Der erste Tag in den Bergen

Morgens weckt mich die Sonne und schon bin ich fiebrig am Packen des Rucksacks. Zivile Klamotten in unseren Koffern bleiben im Hotel. Auch meine Begleiter erfasst das Bergfieber und schon befinden wir uns mitten auf dem Teleckoe-See wo unser Boot etwas ruppig hüpft und über die Wellen gleitet.

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 


Aber unser sympathischer Bootsführer steuert uns sicher über die unruhige See und achtet auch auf treibende Totholzstämme, die so ein kleines Außenbordmotor gesteuertes Boot schon des Öfteren zum Kentern brachten.

Alles in allem kommen wir nach etwa zweieinhalb Stunden sicher ans Ziel zum Haus am See unseres Bergführers Sergej Usig, der uns schon am Ufer erwartet. Das letzte Etappenziel ist geschafft!!!!

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 

 

Nach einer ausgiebigen und herzlichen Begrüßung von Sergej, seiner Frau und seinen Huskies (russische Laikas) trinken wir erst mal russischen Kräutertee auf der Terrasse. Dann wird’s Ernst. Sergej mahnt zum Aufbruch.

Es ist schon etwa 10:00 Uhr vormittags und eine lange Strecke liegt heute noch vor uns. Meinen 'Camel back' mit frischem Seewasser gefüllt, den Rucksack aufgeschnallt, Hut auf und los geht’s. Der russische Sergej geht voran, ich hinterher und es folgen Holger, der deutsche Sergey übernimmt das Schlusslicht.

 
 
 
 
 
 

 

Die Vegetation hier auf etwa 400 Meter Seehöhe ist sehr sehr üppig! Farne und Weichholzgestrüppe reichen bis auf Schulterhöhe. Wir folgen einem ausgetretenen Wildpfad. Zusätzlich gekennzeichnet durch Sergejs Baummarkierungen in Form eines Kreises abgeschälter Rinde an dem Weg flankierenden Bäumen, so wie ich es bereits vor 6 Jahren hier erlebt habe. Die Hitze ist kaum erträglich und schon nach einer Stunde sind alle schweißgebadet. Schwül ist es, aber es zeichnen sich große Wolkenfelder am Himmel ab, was ein gewisses Unbehagen in mir aufsteigen lässt. Als wir die erste Wasserstelle erreichen, liegen bereits etliche Kilometer hinter uns. Einen steilen Hang mussten wir queren und ich glaube Holger merkt zum ersten Mal wie unbequem so was sein kann. Die Füße schmerzen als wir eine kleine Rast an der abfließenden Wasserrinne einlegen. Noch sind wir weit unten, folgten einem Flusslauf dessen lautes Rauschen uns bis dahin begleitete.

Dann wird’s steiler und wir quälen uns einen zugewucherten Pass hinauf. Die über 20 Kilo Schwere des Rucksacks lassen keinen Raum für übermütiges Handeln, jeder Schritt muss bedacht sein. Und einige Male als ich zurückschaue in die Gesichter meiner Kameraden sehe ich die Anspannung und hoffe dass kein Ausrutscher oder dergleichen unserem noch weit vor uns liegenden Weg ein jähes Ende bereitet.

Stundenlang geht’s nach oben, wieder ein Stück nach unten und so erreichen wir nach etwa 8 bis 9 Stunden Gehzeit unseren ersten sibirischen Biwakplatz, mitten in der Taiga an einem kleinen Tümpel, der zu unserem Leidwesen vor unserer Ankunft von einem unserer begleitenden Hunde zum Baden genutzt wurde. Sergej ist sauer, schimpft mit seinen beiden Laikas und nun müssen wir unser Wasser weiter oben holen, bis sich der aufgewirbelte Dreck da an der Wasserstelle gesetzt hat.

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 


Nun gilt es das Erlernt und Geprobte aus meinem Revier umzusetzen. In Windeseile sind die Zelte aufgeschlagen, der deutsche Sergey hat’s am besten drauf und hilft mir und Holger beim Aufstellen. Holger sucht Feuerholz und die beiden Sergejs holen weiter oben zwei Kochkessel frisches Wasser.

Ich kümmere mich ums Feuer und bemerke, dass sich ein dritter Hund zu uns gesellt hat. Der russische Sergej versucht ihn lautstark zu vertreiben und berichtet, dass diese Laikadame einem Nachbarn gehört. Mir tut die Herumtreiberin sofort leid, weil Sie sich auch nicht zu uns heran traut und sich in etwa 40 Meter Entfernung niederläßt. Sergejs Hunde werden derweil nach unserem ausgiebigen Mahl mit den Resten gefüttert und ich schleiche mich unbesehen (meine ich) mit meinen Resten zu der nach menschlicher Nähe suchenden Hundedame. Sie verschlingt gierig das aus Nudeln und Rindfleisch bestehende 'Outdoor Mahl' das ich übrig gelassen habe.

Wir verkriechen uns in unsere Zelte und langsam löst sich auch in mir die Anspannung des heutigen Tages. Im Zelt macht sich derweil ein Geruch aus modrigem Urwald, gemischt von Schweiß und dem anhaftenden Lagerfeuerrauch breit. Naja, ich bin angekommen in der Urwüchsigkeit der Sibirischen Taiga mit allen ihren begleitenden Facetten.

Der zweite Tag in den Bergen

Ich höre ein prasselndes Geräusch aufs Zeltdach herniedergehen, es ist klamm und feucht in meinem Schlafsack, es hat hereingeregnet, das Zeltdach ist durchnässt. Zudem liegt die eigentlich Untergrund isolierende 'Isomatte' auf mir und als ich mich aus der Schlafverrenkung befreien will, spüre ich, glaub ich, alle Knochen im Leib!

Mein Gott, und jetzt aufstehen und das Zelt in Unterhose verlassen. Gott sei Dank habe ich meine Klamotten zu mir in den Schlafsack gepackt, sodass diese nicht nass sondern warm angezogen werden können. Gleich stehe ich auf, Nässe empfängt meine Füße als ich in meine Bergstiefel schlüpfe, aber sonst passt alles. Meine Kameraden schlafen noch, zumindest ist noch keiner aus dem Zelt außer dem russischen Sergej. Feuer prasselt bereits und Tee kocht in einem der mitgebrachten Kessel über dem Feuer. Nach und nach kommen alle aus den Zelten gekrochen und Holger verkündet stolz, dass wir gestern mit über 20 Kilo Gepäck etwa 1200 Höhenmeter hinter uns gebracht haben. Unser IT-Spezialist hat natürlich ein Satellitentelefon dabei und ein satellitengestütztes Navigationsgerät. Daraus kann er alle Bewegungsdaten ablesen. Ich bin sehr stolz auf unsere Mannschaft die die gestrigen Strapazen so leicht und locker überwunden hat, aber heute regnet es und es ist noch weit bis zum Karakol-See!

 
 
 
 
 
 


Als wir uns auf den Weg machen erwartet uns ein schmieriger, nasser Untergrund und es ist noch mehr Vorsicht geboten als gestern. Unmut macht sich breit. Die nass geschwitzten Körper dampfen in der wolkenverhangenen Bergwaldatmosphäre!

Die Hunde sind erkennbar müde und wir freuen uns immer wenn Sergej das Kommando in gebrochenem Deutsch 'Pause' von sich gibt. Gleich wird der Rucksack abgeschnallt und wir sitzen auf dem Boden, auf umgefallenen Bäumen oder was sich gerade anbietet. Auch die Hunde liegen sofort lang gestreckt auf allen Vieren.

Es herrscht eine geladene Stimmung unter uns. Selbstversunken geht jeder seinen eigenen Gedanken nach und jeder erkennt seine Grenzen ob physisch oder psychisch. Es ist das eingetreten wovor auch ich nicht gefeit bin. Etwas missmutig stolpern wir hinter Sergej her, der unerbittlich immer weiter nach oben zieht, dabei haben wir die Baumgrenze immer noch nicht erreicht. Verdammt, da muss doch jetzt endlich die Hütte kommen, die jeder sehnsüchtig erwartet. Sie wäre das zweite Wander-Etappenziel unseres Weges hinauf zum Karakol-See!

 
 
 
 
 
 


Dann erreichen wir am späten Nachmittag eine Lichtung und von nun an geht es ebenerdig weiter. Alle sind wir froh dem Dampf und Dunkel des Bergwaldes entronnen zu sein. Noch zwei Kilometer, dann stehen wir vor der russischen Berghütte, umgeben von einer großen Almwiese und es hat aufgeklart, auch in unseren Köpfen.

 
 
 
 
 
 


Sofort wird die Feuerstelle aktiviert, die nassen Sachen einschließlich Zelt werden zum Trocknen aufgehängt und Sergey macht sich daran unser leckeres Abendessen zuzubereiten. Deutscher Zigeunerbraten oder so ähnlich, wie passend. Danach versorgt uns der russische Sergej mit einigen in der Hütte gelagerten süßen Leckereien. Ich lasse mich nicht lange bitten und schlage mir den Bauch voll!

Dann geht es darum wer wo schlafen soll??? Meine beiden deutschen Begleiter bevorzugen zusammen mit unserem Bergführer die harten Bretter der Hütte, mich lässt das erschaudern. Ich habe vor Jahren mit ihm in einem Zelt geschlafen und kein Auge zugemacht.

Er hat geschnarcht, dass sich die Zeltstangen bogen und so schlage ich mein Zelt unweit der Hütte auf der Wiese auf. Eingebettet in einer mit Binsengräsern ausgelegten Sasse, um diesmal nicht von der Isomatte zu rutschen, so dass sich keine im Gras verborgenen Astholzstangen in meinen Rücken bohren, wie gestern Nacht.

Kaum im Zelt fängt es an zu schütten und ich harre stundenlang den Geräuschen der aufs Zeltdach trommelnden Regengüsse. Vorsichtshalber habe ich noch eine in der Hütte befindliche Plane übers Zelt gespannt und somit ist das Zelt heute dicht. Gott sei Dank. Irgendwann schlafe ich ein und ein anstrengender Tag geht dem Ende entgegen.

Der dritte Tag in den Bergen

Heute scheint die Sonne und lockt mich mit ihren wärmenden Strahlen aus meinem Wigwam.

Auch in Holgers Zelt, das vorsichtshalber gestern Abend noch nebenan aufgestellt wurde, scheint jemand eingezogen zu sein. Gleich darauf kommt Holger aus der Hütte und berichtet, dass Sergey des Nachts die Hütte verlassen hat, um dem Donnerhall unseres Bergführers Schnarchlauten zu entkommen. Holger blieb in der Hütte und hat kaum ein Auge zugetan.

Aber heute Morgen scheint das Glück wieder auf unserer Seite. Die Sonne trocknet schnell unsere nasse Ausrüstung. Außerdem weckt ein ausgiebiges Frühstück in mir sofort die Leidenschaft hier für die Bergwelt in diesem unzugänglichen Naturschutzreservat, das eigentlich nicht von Touristen betreten werden darf. Überschwänglich erkunde ich mit unseren Hunden die Gegend, viele Hinterlassenschaften von Bären und Maral-Wild (größte Hirschart der Welt) säumen den Wildwechsel, auf dessen Fährte auch unser Weg zum Karakol-See führen soll. Die Hunde haben einen Zobel gestellt, der nun auf einem der Urwaldriesen Zuflucht gefunden hat, trotzdem verbellen ihn die Sibirischen Huskies noch eine Weile. Zurück an der Hütte herrscht inzwischen Aufbruchsstimmung!

 
 
 
 
 
 


Alles eingepackt, die Vorräte noch ergänzt aus den in Plastiktüten an der Hüttendecke gelagerten Vorratsspeichern, machen wir uns auf den Weg. Endlich sind wir teils aus dem Wald heraus und marschieren auf ebenen Pfaden entlang der Baumgrenze, unterbrochen von Bergwiesen mit einer Blüten- und Pflanzenpracht, wie es idyllischer nicht hätte sein können. Ein Traum scheint in Erfüllung zu gehen...

 
 
 
 
 
 


Als wir nach zwei Stunden den Abstieg zu dem Albsee vor uns haben, erfüllt sich mein Traum, denn diese Kulisse hat sich in meinem Gedächtnis eingebrannt. Ich schieße zwischen den hohen Fichtenriesen mein erstes Foto vom unter uns liegenden Panorama des Karakol-Sees. Auch meine Mitstreiter scheinen ergriffen und flott steigen wir den steilen Abstieg hinunter bis wir am Seeablauf über Ufersteine hüpfend den Uferbereich erreichen, wo eine alte Feuerstelle verlassen auf uns wartet.

 
 
 
 
 
 


Zwei Tage und Nächte werden wir hier nun bleiben, jeder sucht sich in Feuerstellennähe und am Ufer des Sees seinen Biwakplatz und schon brutzelt das Feuer, unser letztes Wander-Etappenziel ist erreicht. Alle Spannungen scheinen wie weggeblasen und nun genießen wir das Panorama hier in dieser Mittelgebirgslandschaft, das so viele Geheimnisse verbirgt und kaum ein Europäer das bis weilen sehen durfte!

Als ich nur mit Sandaletten bekleidet zum Waschen in den kalten See steige, reißt es mich in die Realität zurück. Der See ist so kalt, das keine Fische darin vorkommen. Rundherum sind an den Nordhängen der Berge noch etliche Schneefelder zu erkennen!

Der vierte Tag in den Bergen

Heute ist jeder ausgeruht, die Nacht war sternenklar und lange sind wir am Feuer zusammengesessen und haben uns Geschichten erzählt. Bereits zum sechsten Mal sind Sergey und ich hierhergekommen und ich glaube ich kann den Stolz in den Gesichtern aller Teilnehmer erkennen, weil wir wieder mal die Herausforderung der Reise hinter uns haben und nun Kraft aus der viel beschriebenen und besungenen Welt der Sibirischen Taiga schöpfen können.

Der russische Sergej erklärt uns, dass hier in den letzten tausenden Jahren kaum eine klimatische Veränderung stattgefunden hat. Man sagt, dass dieses riesige Naturschutzgebiet der Ausgang vieler Pflanzen und Tiere gewesen sei. Kein Gletscher hat diese Welt je berührt und das kontinentale Klima hier scheint seit Jahrtausenden die optimale Voraussetzung für die vielkarätige und einzigartige Pflanzen- und Tierwelt zu sein. Vor allem die langsam wachsende Zirbelkiefer soll hier entstanden sein. Diese ist Nahrungsgrundlage für Bären, Wildschweine und früher auch für Menschen. Die aus den Kiefernzapfen ausgeschälten Kerne schmecken wie Nüsse, sind sehr eiweißhaltig und kalorienreich.

Wir specken unsere Ausrüstung für einen Tagesausflug hier oben ab und nur mit ein paar Kilo Marschgepäck und natürlich meinem Camel back, gefüllt mit Seewasser aus dem Karakol-See, machen wir uns auf, die Höhenlage des Sees auf den umliegenden Gipfeln zu erkunden. Ein Gipfel, dessen Steinformation wie die eines fliegenden Adlers aussieht, ist unser Ziel. Nach etlichen Kilometern leichter Anstiege stehen wir auf den Felsen und bewundern das Gebirgspanorama.

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 


Auch die Hunde sind dabei und gemeinsam schauen wir hinunter auf den Ausgangspunkt unserer Reise, den Teleckoe-See und weiter oben unseren Karakol-See.

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 


Viele Gipfel, bis zu Dreitausender, liegen vor uns und wir bewundern die Farbenpracht der Bergwiesen um uns herum, die unberührt von der menschlichen Zivilisation als Kräutergarten ein Überleben dieser einzigartigen Flora und Fauna in die Zukunft absichern soll!

 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 

 

Für Heute reicht es mir und meine Kameraden stimmen zu. Euphorisch treten wir den Rückweg an, turnen auf den riesigen Felsbrocken herum wie spielende Teenager, um letztendlich nach 14 Kilometern Bergmarsch wieder am Karakol-Seeufer aufzuschlagen! Der russische Sergej rückt aus, um mit seiner schweren mitgebrachten Fotoausrüstung Profibilder zu schießen und lässt uns am Feuer zurück. Die Nacht senkt sich herein und das letzte Mal werden wir hier oben die Idylle genießen, Morgen geht’s zurück!

Der fünfte Tag in den Bergen

Alles aufgerödelt und eingepackt treten wir um 8:30 Uhr den langen Rückmarsch an. Mit Wehmut schaue ich zurück als wir den steilen Anstieg hinauf vom See hinter uns bringen. Sergej hat noch alles nach Spuren abgesucht und keinen Hinweis auf unseren Aufenthalt am Biwakplatz zurückgelassen. Nur die Feuerstelle ist noch da, aber mit Seewasser gelöscht. Wir gehen zurück zur Hütte, lassen alle übrigen Fertiggerichte da und specken damit unsere Ausrüstung auf das Nötigste ab. Heute Morgen habe ich zum Frühstück mit Widerwillen noch ein Fertiggericht mit Nudeln hineingewürgt. Gott sei Dank nicht mehr herausgewürgt! Ich kann das Zeug nicht mehr sehen und riechen, aber es hilft nichts. Ich brauche Energie für den beschwerlichen Abstieg. Viel Energie...

 
 
 
 
 
 

 


Und so machen wir uns auf den Weg, weit über 25 Kilometer Abstieg liegen vor uns. Die Hunde verscheuchen derweil vor uns, wie schon beim Aufstieg, alles Wild und so bekommen wir nichts zu Gesicht. Auf Bärenkontakt können wir ohnehin gerne verzichten.

Als wir am ersten Biwakplatz ankommen machen wir Feuer und rasten in der Nachmittagshitze! Unerträglich ist die Rucksacklast für mich. Mein Ischiasnerv an der linken Hüfte macht mir ernsthaft zu schaffen. Ich löse unterwegs den Gurt des schweren Rucksacks auf der Hüfte, um den Druck auf den unteren Rücken zu vermindern. Und so quälen wir uns Kilometer für Kilometer hinunter. Es ist die anstrengendste Route unserer gesamten Expedition hier in der sibirischen Bergwelt. Aber es hat irgendwann ein Ende.

Am späten Nachmittag ist der Teleckoe-See in Sicht.

Noch mal alle Kräfte konzentriert und wir erreichen am Abend gegen 21:00 Uhr Sergejs Haus am See, wo seine Frau bereits mit einem Festschmaus auf uns wartet. Gekochtes Maralfleisch mit Kartoffeln wird aufgetragen und ich fülle meine Energiespeicher mit dem Besten was diese Sibirische Taiga zu bieten hat. Der berühmte Kräutertee mit Waldhonig aus der Gegend rundet das Luxusessen ab.

Danach macht eine Kräuterlikörflasche die Runde und ich beteilige mich in der geselligen Gemeinschaft ab und an mit einem Schluck aus der Flasche, die bereits ein paar Mal nachgefüllt wurde.

Etwas benebelt lege ich mich mit Isomatte und Schlafsack draußen auf eine viel zu kurze Bank und schlafe den „Schlaf des Gerechten“, Traumlos bis die ersten Sonnenstrahlen meine Nase kitzeln.

Der letzte Tag in den Bergen

Nun heißt es Abschied nehmen, Axt und Kochkessel bleiben hier und wechseln den Besitzer. Wir verabschieden uns herzlich von der Familie Usig und bedanken uns für die guten und fürsorglichen Dienste. Um 11:00 Uhr kommt unser Bootsfahrer und bringt uns zurück nach Artybash in unser Hotel, wo alle gleich emsig dabei sind unser Equipment zu sortieren, zu reinigen und wieder auf die zurückgeholten Koffer vom Hotel zu verteilen.

Fazit der Expedition:

Es gehört schon eine gewaltige Portion "Leidensfähigkeit" dazu, so eine Expedition durchzustehen.

Unvermutet erreicht man seine Grenzen und es braucht ein gesundes Maß an psychischer und auch physischer Stabilität.

Ich bedanke mich bei den Organisatoren:
Bei Irina für den akribisch ausgearbeiteten Programmablauf, der bestens funktioniert hat.
Beim russischen Sergej für die Geduld und Verantwortungsbereitschaft uns drei Touris in seine mystische Bergwelt zu führen. Beim deutschen Sergey für seine unermüdliche Übersetzungsarbeit und dafür dass er stets auftretenden Problemen schnell ein Ende beschieden hat. Und Bei Holger, der das erste Mal dabei war, alle Strapazen locker mitgemacht hat ohne zu jammern und mit seiner Gelassenheit stets für gute Stimmung gesorgt hat.

Neu-Ulm im August des Jahres 2014.
Reisebericht erstellt von Karl Holzinger


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